Dienstag, 7. Juli 2015

TUTORIAL: Künstlerstand


Vorab möchte ich sagen, dass dieser Eintrag meine rein persönlichen Erfahrung widerspiegelt. Dies ist keine Anleitung im Sinne von "so hast du das zu machen", sondern ein Sammlung von Fragen, die mir im letzten Jahr oft gestellt wurden.
Es geht um das das Thema Künstlerstände. Immer mehr Mangazeichner und Bastler sind an Ständen auf Conventions interessiert. Sollte man planen einen Stand auf einer Convention zu buchen, gibt es besonders in der Anfangsphase einiges zu beachten.
Ich hoffe euch mit diesem Eintrag weiterhelfen zu können.
Bitte beachtet: Ich bin primär nur auf österreichischen Conventions und auf den großen deutschen. Eventuell können die Preise und co. auf kleinen deutschen Veranstaltungen anders sein!

1. Wie bekomme ich einen Künstlerstand?

Wollt ihr einen Stand auf einer Con, solltet ihr auf jeden Fall die Homepage des Veranstalters im Blick haben. Ist nichts über Künstlerstände ausgeschrieben, lohnt es sich eine E-Mail zuschreiben.
Der Anmeldezeitraum variiert von Con zu Con, beginnt aber meistens 9-3 Monate im Voraus.
Die meisten Cons bieten einen Tisch ( meistens 1m) an. Auch der Preis variiert von Con zu Con.
Meiner Erfahrung nach, kosten die meisten Künstlerstände 25-50€ pro Tisch.
Die Standgebühr ist oftmals mit der Anmeldung zu bezahlen.
Im Animexx-Event-Kalender sind übrigens viele Conventions aufgelistet.
In Anmeldeformular stehen meistens die Öffnungs- sowie Auf- und Abbauzeiten, Kontaktperson und Telefonnummer. Bitte haltet diese ein. Es ist nicht nur unhöflich gegenüber dem Veranstalter, sondern auch gegenüber euren Kollegen wenn ihr früher oder später abbaut (bringt Unruhe rein). Plant eine Aufbauzeit von mind. 40 min ein.
Solltet ihr euch verspäten oder früher abbauen müssen, sprecht das mit den Veranstalter ab.

2. Kann ich mir einen Stand teilen?

Das hängt von der Con ab. Bei vielen Conventions kann man sich einen Tisch teilen. Beachtet aber, dass bei der Standgebühr meist nur 1 Ticket dabei ist und der zweite Künstler sich dann ein zusätzliches Ticket kaufen muss.

3. Sortiment

Jeder Künstler muss für sich selbst entscheiden, was er anbietet.
Die meisten Künstler starten mit Poster, Postkarten und Lesezeichen. Diese  verkaufen sich jedoch meist nur mäßig (es sei denn man ist ein sehr bekannter Zeichner und hat eine große Fanbase).
Allerdings eignen sich diese hervorragend als Tombolagewinne oder Inhalt für Wundertüten.
Auf deutschen Conventions sind Con-Hon Einträge und  Kakao-Karten auch sehr beliebt.

4.Wie viel soll ich drucken lassen?

Am Anfang machen viele Künstler den Fehler viel zu viel drucken zu lassen.
Mein Tipp ist, richtet euch nach eurer Fanbase. Wenn ihr viele Vorbesteller für ein Motiv habt, dann könnt ihr natürlich auch mehr drucken lassen. Solltet ihr eine kleine Fanbase haben, startet mit einer kleineren Auflage.
Bei Postern und co. empfehle ich für den Start eine Menge von 50-100 Stück.
Dann befindet sich die Druckkosten für das Stück im Rahmen von 20-30cent.
Beachtet aber: Ihr werdet wahrscheinlich niemals alle Poster los.
Deswegen bietet es sich an, diese in eine Tombola oder Wundertüten zu packen.

5. Wo kann ich drucken lassen?

Es gibt diverse Druckereien. Die günstigste ist aber in vielen Fällen Wir-machen-Druck.
 http://www.wir-machen-druck.de/
Allerdings hat der günstige Preis einen kleinen Haken:
Es ist eine Null-Service-Druckerei! Eure Druckdaten müssen passen und Sonderanfragen lassen sich dort nur schwer umsetzen.
 Ansonsten empfehle ich für den ersten Druck von Postkarten noch easyprint.
Dort ist die erste Bestellung gratis!
http://easyprint.com/de/
Gute Druckereien sind noch:
Online-Druck.biz und http://www.unidruck7-24.de

6. Wie viel soll ich für meine Produkte verlangen?

Jeder Künstler muss für sich selbst entscheiden was er verlangt. Allerdings solltet ihr niemals weniger  als das Dreifache der Produktionskosten verlangen!
Bedenkt wenn ihr nur das Dreifache der Produktionskosten bezahlt, müsst ihr allein 1/3 der Auflage verkaufen um diese wieder reinzubekommen. Zudem müsst ihr noch Standgebühren bezahlen, habt Verschleiss und sonstige Kosten!
Bei Postern, Postkarten und co. solltet ihr sogar noch mehr verlangen:
Poster kosten je nach Auflage und Druckerei 20-50cent. Allerdings muss man bei den meisten Druckereien 50-100 Stück bestellen um einen günstigen Stückpreis zu bekommen . Gerade am Anfang ist es unwahrscheinlich, dass ihr diese Menge an Postern auf eurer ersten Con verkaufen werdet. Verlangt ihr z.B. nur 1€ für ein Poster (bei einem Stückpreis von 20cent und einer Auflage von 50 Stück), müsst ihr 10 Poster verkaufen , damit ihr die Druckkosten wieder eingenommen habt. Allerdings müsst ihr ja noch eine Standgebühr (z.B. 35€ ) und Fahrtkosten (z.B. 15€).-
Das heißt ihr müsstet mehr (60 Stück) als die gesamte Auflage (50 Stück)verkaufen, damit ihr kein MINUS macht.

Verlangt ihr zum Beispiel 3€ für ein A4 Poster  müsst ihr nur 20 Stück verkaufen um die 60€ (Stand-, Fahrt- und Druckkosten) wieder reinzubekommen.

Bei Postern, Postkarten und Lesezeichen empfiehlt es sich also sich an den gängigen Preisen anderer Zeichner zu orientieren. Habt kein schlechtes Gewissen, wenn diese Produkte gut kalkuliert sind. Ihr braucht sie um eure Kosten wieder einzuspielen!
Andere Produkte wie Schrumpffolienanhänger, Doujinshis und co. lassen sich nur mit einer wesentlich schlechteren Kalkulation verkaufen und wie das Rechenbeispiel oben zeigt, braucht ihr auch Produkte mit einer bessern Kalkulation.

7. Tombola

Viele Zeichner machen eine Tombola. Dies ist eine einfache Möglichkeit schnell zu kleineren Einnahmen zu kommen. Vorab möchte ich sagen, dass Tombolas und Lose, selbst wenn es keine Nieten gibt, in Deutschland verboten sind (in Österreich sind sie bis zu einem Wert von ca. 4000€ erlaubt, wenn man den Erlös spendet https://www.wien.gv.at/amtshelfer/wirtschaft/veranstaltungen/meldepflicht/durchfuehrung/gluecksspiel.html ), sofern man keine Genehmigung dafür hat. Die meisten Zeichner machen aber trotzdem eine.
Solltet ihr euch entscheiden ebenfalls Lose anzubieten, müsst ihr darauf achten gute Preise zu haben.
Denn je besser die Preise sind, desto öfter ziehen die Con-Besucher. Habt ihr also viele Nieten drin, wird wahrscheinlich nur 1 Los gekauft werden. Ist aber ein Gewinn, wie z.B. ein Poster, dass ihr regulär für 3 € verkauft, drin, freut sich der Teilnehmer und wird vielleicht weitere Lose kaufen.
Ein Los sollte dabei nicht mehr als 1€ - 1,50€ kosten(bei guten Preisen ohne Nieten gehen 1,50 problemlos).

8. Standzubehör

Auch viele erfahrene Zeichner vergessen immer wieder das wichtigste Standzubehör:

Wechselgeld 
 Ich selbst habe ca. 50€ immer dabei. Davon 20€ in Münzen und 30€ in 5€ Scheinen.
Schere
Tesa
Schnur

Gut um Poster aufzuhängen
Tischdecke

Nicht zwingen ein "Muss", euer Stand sieht aber mit einer Tischdecke viel schöner aus.
Edding
Gut zum Schilder schreiben ;)

9. Finanzamt und Co.

Egal ob ihr Plus oder Minus macht, rein rechtlich gesehen müsst ihr eure Tätigkeit dem Finanzamt melden.
Für Doujinshis, Poster und co. braucht ihr bei kleinen Mengen keinen Gewerbeschein. Solltet ihr Schmuck, Buttons usw. ins Sortiment aufnehmen, ist dieser erforderlich.
Ich möchte jetzt nicht ins Detail auf die rechtliche Lage eingehen, da es so viel zu beachten gibt und es sehr von der Lebenssituation abhängt, wie man vorgehen muss ( wie viel man umsetzt, ob man einen Job hat ec.). Am besten lässt man sich bei den zuständigen Behörden beraten.
Viele Künstler zeigen weder ihre Tätigkeit an, noch haben sie einen Gewerbeschein (falls sie einen benötigen). Bitte seid euch bewusst, dass das strafbar ist! Oft verdienen die Künstler gar nicht genug, um Steuern dafür bezahlen zu müssen. Habt also keine Angst euch zu erkundigen.
Solltet ihr davon leben, gibt es sogar eine Künstlerkrankenkasse und ihr könnt Teile eurer Wohnung/Atelier  als Kosten( weil es ja eure Werkstatt ist)  ansetzen und somit absetzen.

10. Fanart-Verkauf

In Deutschland sind Fanarts heiß umstritten. Jeder Künstler muss für sich selbst entscheiden ob er Fanarts anbietet. Sollte eine Con Fanarts erlauben, heisst das nicht, dass diese legal sind!
Die Con ist nicht der Rechteinhaber! Es heisst nur, dass die Con euch den Fanartverkauf nicht verbietet.
Solltet ihr Fanarts ohne Einwilligung des Rechteinhabers (dies muss nicht der Urheber sein, sondern kann auch ein Unternehmen, wie z.B. ein Verlag sein) anbieten, könnt ihr euch strafbar machen.
Ich schreibe bewusst "könnt", denn gerade ein schwieriges Thema wie Urheberrecht ist Auslegungssache!  Fanarts sind eine Grauzone.  Je nachdem was ihr zeichnet ist es nicht 100% illegal.
Ich selbst habe zum Beispiel eine Hobbit/Sherlock-Parodie gezeichnet. Parodien sind an sich eigentlich legal. Natürlich könnte man mich immer noch verklagen, die Frage ist halt dann nur ob der Kläger  Recht bekommen würden.
In der Regel verklagen Unternehmen selten Zeichner. Das liegt daran, dass der Streitwert oftmals zu gering ist (klagen ist teuer) und das Fanarts nicht gegen die Interesse der meisten Firmen verstoßen.
In Japan werden sogar Fanartbücher und Doujinshi teilweise verlegt (dort ist die Rechtslage aber auch ein wenig anders). Wenn man bedenkt, dass allein eine kleine Zeitungsannonce über 1000€ kosten kann, sind Fanarts billige Werbung. Zudem ist bei einer Klage gegen ein Fanart, anders als bei einer Raubkopie, nicht sicher ob das Unternehmen Recht bekommt, da der Künstler ja auch eine Eigenleistung vollbracht hat usw.

Es gibt aber auch Möglichkeiten Fanarts legal anzubieten. Einige Unternehmen stellen Künstlern sogar Genehmigungen aus Fanarts zu ihren Serien zu verkaufen. Anfragen lohnt sich also.
Bei Fanarts zu Werken von Künstlern, solltet ihr auf jeden Fall nachfragen und die Entscheidung des Künstlers respektieren. Die meisten Künstler haben aber nichts dagegen, sofern sie gefragt werden.

Fazit: Fanarts sind rechtlich nicht unproblematisch. Solltet ihr welche anbieten, dann seid euch bewusst, dass ihr evt. gegen das Urheberrecht verstoßt und Ärger bekommen könnt! Jeder hat eine andere Meinung zu Fanarts, aber letztendlich muss es der Künstler verantworten, wenn er gegen ein Gesetz verstößt.

11. Große Conventions

Für viele Zeichner sind die wichtigsten Conventions im Jahr die LBM, die Connichi, die Yukon und die Dokomi.
Solche Conventions sind keinesfalls für Anfänger geeignet.

1. Die Kosten 
Eine Groß-Convention muss gut vorbereitet sein. Man braucht ein gutes Sortiment und die Produktionskosten sind nicht gerade wenig. Hinzu kommen einen höher Standgebühr als bei anderen Conventions, Übernachtung und Anfahrt.

2. Die Konkurrenz
Auf solchen Conventions habt ihr es mit einer gewaltigen Konkurrenz zu tun. Dort sind echte Profis und in der Masse von 60-200 Zeichnern geht man als Anfänger schnell unter. Selbst für erfahrene und sehr gute Zeichner läuft es auf diesen Conventions nicht immer gut. Wenn man nicht Rang undNamen oder ein wirklich gutes Sortiment und treue Fans hat, dann wird man nicht viel Erfolg auf einer solchen Con haben.

Mein Tipp: Eure erste Convention sollte eine Con mit überschaubaren Kosten sein. Auf kleineren Cons hat man auch eher die Gelegenheit Leute kennen zu lernen und sich mit Kollegen auszutauschen. Zudem könnt ihr austesten, was für euch das beste Sortiment ist und was ankommt.

12. Der Verkauf

Nicht jeder Mensch und vor allem jeder Zeichner taugt zum Verkäufer. Ich habe es oft genug erlebt, dass Zeichner sich nicht trauen Interessenten anzusprechen. Positiv auf den Verkauf wirkt sich auf jeden Fall Folgendes aus:
1. Lächelt
Einem freundlichen Gesicht kauft man eher etwas ab
2. Sprecht mit euren Kunden
Wenn sich jemand etwas an eurem Stand ansieht, dann sprecht ihn an! Viele Leute sind ebenfalls sehr schüchtern und trauen sich nicht z.B. Doujinshis durchzublättern oder zu fragen was ein Con-Hon-Eintrag ist.
3. Schreibt Schilder
4. Finger weg vom DS und co!
Ich erlebe es immer wieder, dass Zeichner lieber zocken als produktiv zu sein. Dadurch wirken sie geistig abwesend und man glaubt, dass an ihrem Stand sowieso nichts Interessantes ist.  Wenn es mal langweilig ist, seid lieber produktiv und bastelt oder zeichnet etwas. Auch vom übermäßigen spielen mit dem Handy sollte man die Finger lassen. Wenn sich jemand eurem Stand nähert, packt die Elektronik weg.

Es ist nicht schlimm, wenn ihr kein hervorragender Verkäufer seid. Sollte euch der Verkauf nicht so liegen, gibt es die Möglichkeit sich einen Standhelfer zu suchen, der darin gut ist oder mit anderen Zeichnern zusammenzuarbeiten.

Ich hoffe ich konnte euch ein wenig weiterhelfen. Solltet ihr noch Fragen zum Thema Künstlerstand und Conventions haben, könnt ihr mich gerne kontaktieren oder eure Frage hier als Kommentar posten.